Bedeutung und Aussprache des Jagdrufes "HALALI" von Dr. Horst Pelletier
Master A nimmt am Ende der Jagd seine Kappe vom Kopf, schwenkt sie hoch in die Luft und ruft freudig:
" Halali - Halali !"
Master B nimmt am Ende der Jagd seine Kappe vom Kopf, schwenkt sie in der Luft und ruft freudig :
" Halali - Halali !"
Was ist richtig? Ruft man " Halali !" oder " Halali !" ?
Fragt man Master A, so antwortet er: " natürlich Halali - es war schon immer so." Fragt man Master B, so antwortet er: " natürlich Halali - es war nie anders."
Beides sicherlich keine befriedigenden Antworten. Diese beiden Master wissen es eben nicht besser und können daher auch nicht mehr sagen. Was tun in einem solchen Fall? Da hilft nur eines: zurück zu den Quellen, zur ursprünglichen Bedeutung des Wortes. - Die Heinrich Wilhelm Döbel (1699 - 1760) zugeschriebene Definition "Halali" = "ha là li" = "ha, da liegt er (der Hirsch)" klingt in Deutschen Ohren verführerisch bekannt, weil laultlich so ähnlich. Diese Erklärung wird immer wieder zitiert, gilt fast schon als historisch und deshalb als richtig. Sie ist aber nicht richtig. Auch ein vielfach wiederholter Fehler bleibt ein Fehler - er wird durch seine Wiederholung nicht richtig.
Die älteste, mir zugängliche Quelle fand ich in einem Aufsatz von Max Haehn (1):"Der Jagdruf Hallali oder Halali ist uralt. Er entwickelte sich in der altfranzösischen Vénerie, der Hetzjagd auf Hirsch und Keiler. Diese Hetzjagd mit der Hundemeute erforderte für Jäger, Knechte und Hunde Anfeuerungsrufe, welche nicht nur kurz und prägnant, sondern auch phonetisch dem Ohr der Hunde angepasst sein mussten. In der ursprünglichsten Form war dieser Jagdruf der Anfeuerungsruf für die Hunde. Dies ist meistens nicht bekannt. In dem klassischen Jagdbuch des Herrn de Selincourt "Le Parfait Chasseur" (Paris 1683) heißt es: "on l'emploie le mot halali pendant la chasse pour exciter et animer les chiens à la poursuite de l'animal", d.h. man verwendet den Ruf halali, um die Hunde während der Jagd zur Verfolgung des Tieres anzufeuern."
Haen zitiert weiter Jean de Lignéville, der in seiner Abhandlung "La Meutte et vénerie pour le cerf" (ca. 1635) diesen Jagdruf umschreibt mit "hal à luy - hal à luy" (2), d.h. "Hetz auf ihn (den Hirsch) - hetz ihm nach!". Diese Form wurde später bei mehreren Aktionen der Hetzjagd verwendet, so bei bei der Prise (Erlegen des Hirsches), dem Legen der Curée (Genossenmachen der Hunde) oder auf dem Heimweg, um schon von weitem die Jagdbeute anzukündigen. "Halali" wurde nicht nur gerufen, sonder auch auf dem Horn geblasen. Die hier passende Bedeutung des Wörtchens "hal" fand ich in einem Französisch-Deutschen Lexikon von 1782 (3), in dem es u.a. heißt: "haler" = antreiben, anhetzen; "haler les chiens apès un voleur" = die Hunde hinter einem Dieb herhetzen; "haler les chevaux" = die Pferde antreiben, anrufen. - Auch in einem Lexikon von 1848 (4) fand ich "haler" = hetzen, anhetzen. In neueren Lexika wird "haler" - wenn überhaupt - meist im Sinne von "treideln" gebraucht.
Auf die treffendste und letztlich alles umfassende Erklärung stieß ich in dem Glossar zu Paul Vialars Jagdroman "La grande Meute", der im Jahre 1914 spielt (5). Dort heißt es zu dem Wort "Halali":
"Hallali: Cri des chasseurs annoçant que la bête tient tête aux chiens ou est par terre. Dans le premier cas, c'est L'HALLALI SUR PIED ou DEBOUT, dans le second, c'est L'HALLALI PAR TERRE ou LA MORT. - L'auteur a volontairement conservé dans la bouche d'un piqueur, s'adressant à ses chiens, le "hal à lui" d'autrefois." Sinngemäß übersetzt: HALLALI: Jagdruf oder Schrei der Jäger, der das baldige Ende des gehetzten Tieres ankündigt. Man bläst L'HALLALI SUR PIED ou DEBOUT, wenn das gehetzte Tier noch aufrecht steht und seinen Kopf zur Verteidigung gegen die Hunde wendet. Man bläst L'HALLALI PAR TERRE ou LA MORT, wenn das Tier am Boden liegt (6). - Der Autor hat in seinem Roman extra die alte Schreibweise beibehalten, als er einen Piqueur seine Hunde anfeuern ließ mit dem Jagdruf: "hal à lui".
Da auch hier, nach den Regeln der Französischen Aussprache, die Betonung auf der letzten Silbe, bzw. hier auf dem letzten Wort liegt, muss es korrekterweise heißen:
H a l a l i !
Fußnoten:
1) Max Haen: "Wortdeutung des Jagdrufes Halali", ohne Orts- u. Zeitangabe.
2) Aus dem altfranzösischen Wort "luy" wurde später das moderne "lui". In beiden Fällen liegt die Betonung auf dem letzten Wort, also "hal à luy" oder "hal à lui". Der Akzent ` auf dem à ist kein Betonungsakzent!
3) Nouveau DICTIONNAIRE DES DEUX NATIONS, Allemand-François-Allemand, Strasbourg, chez Amand König, 1782, Tome II, Seite 519
4) Vollständiges Wörterbuch der Französischen und Deutschen Sprache, von M.A. Thibaut, Paris u. Braunschweig. 1849, Seite 315
5) Paul Vialar, "La Grande Meute", Editions Denoël, Paris 1953, Seite 427
6) François Vidron, in "La chasse à courre", Reihe "Que sais-je?", presses universitaires de France, 1965, der auf Seite 52 besonders erwähnt, dass diese beiden Jagdsignale von dem Marquis de Dampierre komponiert wurden